Ist Microsofts OXML ein offenes Dateiformat?

Können digitale Daten von heute in zehn, zwanzig oder hundert Jahren noch gelesen und weiterverarbeitet werden? Diese Frage ist zentral für eine Informationsgesellschaft, die gigantische Datenmengen produziert und diese auch archivieren möchte. Aber ob man diese Frage mit “Ja” beantworten kann, ist keineswegs sicher: Durch die rasante Weiterentwicklung von Hardware und Software können schon nach kurzer Zeit bestimmte Datenträger nicht mehr gelesen oder bestimmte Dateiformate nicht mehr geöffnet werden. Datenträger kann man zur Not auf neuere Medien umkopieren, aber Daten laufend in neue Formate zu konvertieren ist schlicht nicht praktikabel. Abhilfe schaffen einzig offene Standards.

Im Bereich der Office-Dokumente gibt es mit ODF seit kurzem einen solchen offenen Standard (vgl. OpenDocument-Format ist ISO-Standard). Aber auch Microsoft hat im Zuge seiner neusten Office-Generation ein Format geschaffen, das dem Namen nach offen ist: Open XML (OXML) bzw. Office Open XML (OOXML). Wie die neue Neue Zürcher Zeitung vom 20. Juni 2007 auf Seite B1 schreibt, ist dies allerdings ein Etikettenschwindel:

“Als offen gilt ein Standard, der in einem ‘offenen’ und allen interessierten Parteien zugänglichen Entscheidungsprozess erarbeitet wurde und bei dem das geistige Eigentum, das er enthält, unentgeltlich von allen Interessierten genutzt werden kann. Gemessen an dieser Definition schmückt sich OXML zu Unrecht mit dem Adjektiv ‘open’. Denn wer diesen Standard vollumfänglich implementieren will, muss Funktionen von immaterialgüterrechtlich geschützten Microsoft-Produkten oder -Techniken, die in der OXML-Spezifikation vorausgesetzt, aber nicht beschrieben werden, nachbilden.”

Dass Microsoft OXML ebenfalls zum ISO-Standard erheben lassen will, ruft deshalb Kritik hervor. Mit der Kampagne OOXML – Say NO to Microsoft Office broken standard versucht die Foundation for a Free Information Infrastructure FFII, diese Kritik in Form einer Petition zu kanalisieren. Die Argumente der FFII sind fundiert, und insbesondere Argument Nr. 1 überzeugt auch ohne vertiefte IT-Kenntnisse:

“There is already a standard ISO26300 named Open Document Format (ODF): a dual standard adds costs, uncertainty and confusion to industry, government and citizens.”

Selbst wenn dieser Protest Erfolg haben sollte muss man sich allerdings im Klaren sein, dass OXML trotzdem ein Standard werden wird – kein ISO-Standard zwar, aber ein proprietärer De-facto-Standard, wie Microsoft in seiner Firmengeschichte schon diverse geprägt hat. Immerhin muss man Microsoft aber zu gute halten, dass man sich mit den OpenXML/ODF Translator Add-ins for Office auch bemüht, den ISO-Standard zu unterstützen.

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