Archiv der Kategorie 'MundArt'

Meine relative Häufigkeit

Samstag, den 8. April 2006

Wer sich schon immer gefragt hat, aus welcher Region er ursprünglich stammt, findet bei Geogen einen sehr schön gemachten Dienst, der die Häufigkeit von Familiennamen in Deutschland visualisiert:

Karte: Häufigkeit eines Familiennamens pro Landkreis

Sehe ich das richtig, dass es in der Schweiz nichts Vergleichbares gibt?

(Gefunden dank think eMeidi)

Calm down!

Freitag, den 17. März 2006

Schon interessant, wie uns die Mundart manchmal auf den Boden zurückbringt: Habe ich einen Stress, dann geht’s mir echt dreckig. Habe ich dagegen ein Gjufel oder ein Gschtürm, dann erscheint mir das gleich nicht mehr so dramatisch.

Funktioniert aber nicht immer: Ob nun auf meinem Schreibtisch ein Chaos oder ein Puff herrscht, macht leider keinen Unterschied.

Schuppen

Mittwoch, den 9. November 2005

Meine Mutter, deren Wurzeln in der Ostschweiz liegen, benutzt gelegentlich eine Redewendung: “E sone Kommedi!” oder “Mach kä Kommedi!”. Nie habe ich mir überlegt, woher dieses Wort kommen könnte, sein Sinn erschloss sich mir aus dem Zusammenhang, es roch nach Umtrieben, Aufregung und Ärger.

Heute fiel es mir wie Schuppen von den Augen, dass “Kommedi” ein Lehnwort ist, als ich den Aushang für eine bevorstehende Veranstaltung studierte: www.comedy.ch. “E sone Kommedi!” heisst also auf gut Zürichdeutsch nichts anderes als: “Sones Theater!” Fast vierzig Jahre habe ich gebraucht, um das herauszufinden…

Poesie des Alltags

Donnerstag, den 8. September 2005

Äs netts Theil,
säb Netzteil!

Chochichästli-Orakel

Sonntag, den 26. Juni 2005

Schwyzertütsch ist ja nicht ein einzelne Sprache, sondern eine ganze Sprachfamilie mit vielen, sehr unterschiedlichen Dialekten. Mit der zunehmenden Mobilität ist allerdings die Dialektreinheit gefährdet, und wir selbst wissen oft gar nicht mehr, welchen Dialekt wir eigentlich sprechen. Abhilfe schafft hier das Chochichästli-Orakel. Aufgrund der Begriffe Hand, nicht, heute, Fenster, gestern, Abend, gehorchen, Mond, jeweils und Holzsplitter ordnet Sie das Orakel einer geografischen Region zu, wo der Dialekt am ehesten dem Ihrigen entspricht. Uu luschtig!

La bureau?

Sonntag, den 22. Mai 2005

Irgendwie klingen sie schon unheimlich süss, die französischen Bezeichnungen für Büroutensilien: la photocopieuse (Kopiergerät), l’agrafeuse (Bostich) oder la perforatrice (Locher). Auffallend übrigens, dass diese Wörter alle weiblich sind. (Nein, ich werde mich hüten, diesen Umstand zu kommentieren! Da darf sich jeder selbst seinen Reim drauf machen…)

für daz ôre

Dienstag, den 12. April 2005

Meine Leidenschaft für Hörbücher habe ich ja schon an anderer Stelle gestanden. Wer sich schon etwas satt gehört hat und denkt, es gebe diesbezüglich nichts Neues mehr unter der Sonne, dem sei die CD “âventiure für daz ôre” empfohlen. Nein, das ist schon richtig geschrieben – höchstens das “für” könnte man auch als “vür” schreiben, aber dann wird der Titel noch schlechter lesbar.

Das “Abenteuer für das Ohr” ist eine Reise ins Mittelhochdeutsch. Neun Studentinnen der Uni Zürich haben unter Prof. Hildegard E. Keller den ersten deutschsprachigen Artusroman “Erec” des Harmann von Aue aufgenommen. Mehr Informationen dazu gibt es hier.

Dabei stellt sich natürlich dieselbe Frage wie beim Latein: Wissen wir eigentlich, wie damals gesprochen wurde? Nein, schreibt Hildegard Keller im Unijournal 02/2005, das wissen wir nicht wirklich, weil es weder Zeitzeugen noch Tonaufnahmen gibt. Aber man kann es einigermassen rekonstruieren, wenn man davon ausgeht, dass im Mittelalter mehr oder weniger phonetisch geschrieben wurde und für die Nuancen die unterschiedlichen Schreibweisen der einzelnen Manuskripte zu Rate zieht. Ausserdem ist das Mittelhochdeutsch relativ eng verwandt mit den schweizerdeutschen Dialekten – da wird unsere oft geschmähte Sprache plötzlich zum Standortvorteil.

Wortschöpfungen

Sonntag, den 27. März 2005

Caramel-Zälti = Crème brulée to go

Chuenagel

Sonntag, den 20. März 2005

Mit einem Affenzahn über die Landstrassen donnern – keine Ahnung, woher der Begriff kommt. Sein (scheinbar) naher Verwandter Chuenagel ist dagegen etymologisch endlich geklärt – dank Christian Schmid. Der Chuenagel ist nicht etwa ein Chue-Nagel, sondern ein Chuen-Agel, und diese beiden alten Wörter stehen für “heftiges Stechen”.

(Details im ZüriTipp 10/2005 bzw. im Buch Durchs wilde Wortistan von Christian Schmid, Cosmos Verlag)

s’Totemügerli läbt!

Freitag, den 31. Dezember 2004

Immer wieder einmal – und zwar immer dann, wenn das Blog gerade nicht in Reichweite ist – stolpere ich über ein Wort, dass ich sonst völlig selbstverständlich (und auch ein bisschen achtlos) benutze, schaue es mir genauer an, und denke: Ein derart treffendes, originelles, liebevolles und selbst Fremdsprachigen intuitiv verständliches Wort kann es wirklich nur im Schweizerdeutschen geben. Natürlich fällt mir ausgerechnet jetzt (wo das Blog in Reichweite wäre) kein Beispiel ein, das meine These zweifelsfrei belegen würde; aber ich werde die Beispiele zu gegebener Zeit nachliefern.

Ein deutscher Freund ist beispielsweise dem Charme des Wortes Rundumeli (das sich mit Scheibchen wirklich nur äusserst dürftig übersetzen lässt) restlos erlegen. Ist eine kurze Erheiterung angesagt, rufe ich: “Rundumeli!” oder auch “Rundumeli?” – und er schmeisst sich weg.

So wirklich treffend sind aber eher die Verben: aapfurre zum Beispiel. Oder umegarettle. Oder schibäbele. Oder chröse. Wobei ich mir die Übersetzungsversuche an dieser Stelle erspare, denn schliesslich vertrete ich ja die These, dass diese Wörter selbst Fremdsprachigen intuitiv verständlich sind.

Nicht überzeugt? Dann führe man sich doch wieder einmal das Totemügerli von Franz Hohler zu Gemüte. Da wird mit sehr stimmigen, aber grösstenteils frei erfundenen Wörtern es bärndütsches Gschichtli erzählt, das jeder (irgendwie) versteht. (Eine Transkription gibt es beispielweise hier oder hier). Und auch heute noch, rund 25 Jahre nach meiner ersten Franz-Hohler-Kassette, kann ich mich immer noch wegschmeissen, sobald ich das Wort gschanghangizigerlifisionööggelet höre. Oder gibt es eine schönere Beschreibung für das plötzliche Erlamen des Lebensmutes als die Wendung, dass einem ds Härzgätterli zum Hosegschingg uspföderlet?