Medpedia: Die Wikipedia für Mediziner

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Nach WikiGenes ist mit Medpedia ein weiteres gross angelegtes Wiki-Projekt gestartet, das sich auf ein einzelnes Wissenschaftsgebiet spezialisiert. Bei der Medpedia steht der menschliche Körper, dessen Krankheiten und deren Behandlung im Mittelpunkt. Auch die Medpedia basiert auf der MediaWiki-Software, und die Inhalte können gemäss der GNU Free Documentation License (GFDL) frei genutzt werden.

Anders als bei der Wikipedia kann allerdings nicht jeder mitschreiben, und schon gar nicht anonym: Nur Mediziner dürfen Artikel erstellen und verändern, die übrigen registrierten Benutzer haben lediglich ein Vorschlagsrecht (Register “Suggest Changes”). Ein interessantes Modell, das bei einem Fach wie der Medizin sicher Sinn macht – während es für die Wikipedia natürlich fatal wäre, wenn das Schreibrecht an einen akademischen Titel gebunden wäre. Ob sich allerdings genügend Ärzte finden, die in ihrer knappen Freizeit Artikel für die Medpedia erstellen, wird sich noch zeigen müssen, denn was für eine medizinische Karriere zählt sind Publikationen in einschlägigen Fachzeitschriften, nicht in der Medpedia.

VisualWikipedia: Die bessere Wikipedia?

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VisualWikipedia ist ein klassisches Mashup: Es verbindet Informationen von anderen Websites zu einem neuen Service. In diesem Fall werden im wesentlichen Wikipedia-Artikel mit YouToube-Videos angereichert. Zudem werden andere Artikel, die im Zusammenhang mit dem aktuellen Artikel stehen, als Tagcloud und als Mindmap (realisiert mit Flash) abgebildet. Innerhalb des Artikeltexts fällt zudem auf, dass verlinkte Begriffe mit einem Mouseover-Effekt versehen sind, der eine Kurzversion des betreffenden Artikels anzeigt – so kann man rasch eine Erklärung zu einem unbekannten Begriff erhalten, ohne auf die entsprechende Seite wechseln zu müssen.

Alles in allem ist VisualWikipedia ein interessanter Versuch, die Wikipedia aufzuwerten. Allerdings werden die Seiten dadurch auch etwas schwerfällig und unübersichtlich. Ausserdem sind die YouTube-Videos natürlich sehr oft alles andere als freier Content.

WikiGenes: Das Wiki für Life Sciences

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Ähnlich wie die Wikipedia ist WikiGenes ein frei editierbares Wiki, das sich allerdings ausschliesslich mit Genen, Proteinen und chemischen Verbindungen befasst. WikiGenes ist nicht profitorientiert und nach dem Prinzip von Open Access frei zugänglich.

Weil es hier um wissenschaftliche Informationen geht, ist die Autorenschaft zentral. Die Wiki-Software, auf der WikiGenes basiert, bietet einen Mechanismus, mit dem man direkt sehen kann, von wem eine bestimmte Textpassage verfasst bzw. überarbeitet wurde: Ein Klick auf die betreffende Passage genügt, damit oberhalb des Artikels der jeweilige Autor angezeigt wird. Auch der WYSIWYG-Editor ist ungewöhnlich – bei der Wikipedia gibt es nichts Vergleichbares. Es lohnt sich deshalb, das schön gemachte Video anzuschauen – auch wenn man von Genen und Proteinen wenig versteht.

Ist Google Knols wirklich eine Konkurrenz für die Wikipedia? Und nur für die Wikipedia?

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Viel ist in den letzten Tagen geschrieben worden über Googles neustes Projekt namens Knols, das am 13. Dezember 2007 im offiziellen Google Blog angekündigt wurde. Und obwohl es sich um eine private Beta-Phase handelt und erst wenige von der Plattform mehr als einen gigantischen Screenshot gesehen haben, sind sich alle einig: Google will eine Konkurrenz zur Wikipedia lancieren. Das scheint mir ein bisschen arg verkürzt.

Halten wir fest: Google Knols ist eine Plattform, welche grundlegende Artikel (oder eben Knols = Units of Knowledge) zu Themen aus allen Wissensgebieten bereitstellen will. Dies ist zweifellos eine Parallele zur Wikipedia. Auch dass auf Knols grundsätzlich jeder publizieren kann, der möchte, erinnert an die freie Enzyklopädie. Es gibt aber auch einige wesentliche Unterschiede:

  • Bei Google Knols wird jeder Artikel von einem einzigen Autor verfasst, und dieser wird prominent auf der entsprechenden Seite genannt. Bei der Wikipedia werden die Artikel in der Regel von vielen verschiedenen Personen geschrieben, deren Identität oft unklar und insgesamt unwichtig ist. Google Knols wird also Autoren anlocken, die sich als Spezialisten auf einem bestimmten Gebiet sehen und sich auf diesem Weg selbst vermarkten wollen. Den Wikipedianern dagegen geht es mehr um die Sache – jedenfalls kann man als Wikipedia-Autor kaum Berühmtheit ausserhalb der Community erlangen.
       
  • Ziel der Wikipedia ist es, jedes Thema möglichst neutral und umfassend zu behandeln. Das ist ein hoher Anspruch und führt oft zu intensiven Auseinandersetzungen, bringt aber im Idealfall Artikel hervor, welche alle wesentlichen Positionen beleuchten. Bei Google Knols dagegen stellt ein Autor seinen eigenen Standpunkt dar – ist jemand anderer Meinung, so schreibt er nicht den Originalartikel um, sondern hinterlässt einen Kommentar oder verfasst eine Peer Review bzw. einen Konkurrenzartikel. Letzteres wiederum wäre in der Wikipedia undenkbar.
       
  • Auch bei der Wikipedia gibt es Diskussionen, werden Beiträge anderer kommentiert und bewertet. All dies geschieht aber hinter den Kulissen – für den normalen Benutzer fühlt sich die Wikipedia wie eine normale Enzyklopädie an. Bei Google Knols dagegen gibt es viele klassische Web-2.0-Elemente: Kommentarfunktion, Rating, Peer Review, Related Content. Sie alle sollen mithelfen, relevanten Content an die Oberfläche zu spülen und zusammenhängende Informationen zu verbinden (bekanntlich eine Stärke von Google).

Google Knols konkurriert deshalb fast eher mit Blogs, Zeitungs- bzw. Zeitschriften-Websites und Wissensplattformen (z.B. www.akademie.de, www.wissen.de, www.about.com). Mit dem Versprechen, eine grosse Reichweite zu erzielen und zugleich die Autoren an den Werbeeinnahmen zu beteiligen, will Google publikationswillige Fachleute anlocken und so ohne eigene redaktionelle Leistung relevanten Content aufbauen. Dafür stellt Google die Plattform und die Hosting-Kapazität zur Verfügung:

“Writers only need to write; we’ll do the rest.”

Das ist smart. Knols dürfte eines der bedeutendsten Projekte sein, das Google je lanciert hat. Nicht nur die Wikipedia, sondern auch Medienhäuser und Verlage werden die neue Konkurrenz spüren. Und es stellt sich die Frage, ob hier nicht eine Grenze überschritten wird, die uns allen zu denken geben müsste: Google könnte schon bald nicht mehr nur die beherrschende Suchmaschine sein, sondern auch ein dominierender Content Provider. Ob dies der Informationsfreiheit, der Meinungsvielfalt und dem Wissensaustausch dient (wie Google das selbst gerne sieht), oder ob es einen weiteren Schritt in Richtung Informations-Monopol darstellt, muss sich erst noch weisen. Kritisch scheinen mir dabei folgende Punkte:

  • Exklusivität – Google erhebt nach eigenen Aussagen keinen Exklusivitätsanspruch auf die Inhalte von Google Knols: “Google will not ask for any exclusivity on any of this content and will make that content available to any other search engine.” Was dies im Detail bedeutet, bedarf sicher noch der Klärung. Darf ein Autor einen Knols-Artikel auch in einer Zeitung oder in einem Buch veröffentlichen? Unterliegen die Artikel einer Creative Commons Licence oder gar der GDFL?
      
  • Selektion der Autoren und inhaltliche Zensur – Nach heutigen Aussagen wird Google keinen Einfluss auf die Inhalte von Knols nehmen: “Google will not serve as an editor in any way, and will not bless any content. All editorial responsibilities and control will rest with the authors. […] Anyone will be free to write.” Bleibt es dabei, dann kann Google Knols tatsächlich eine Plattform des freien Wissens- und Meinungsaustauschs werden. Nicht vergessen sind aber die Zensurmassnahmen von Google bei Google Maps (Stichwort: Irak) und bei Google Search (Stichwort: China).
      
  • Positionierung in den Google Suchresultaten – Entscheidend für Erfolg oder Misserfolg von Google Knols dürfte auch sein, wie die Inhalte in den Suchmaschinen auftauchen, insbesondere in der Google Search. Wikipedia-Artikel besetzen heute oft die Spitzenplätze in den Trefferlisten, was für die Akzeptanz der freien Enzyklopädie ganz entscheidend ist. Wird Google bei der eigenen Suche Google Knols in irgend einer Weise bevorzugen (z.B. so wie die Ergebnisse von Google News) und damit die eigenen Relevanzkriterien umgehen?

Wikipedia: Nicht schlechter als Brockhaus und Britannica

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Dass die Wikipedia ein Phänomen darstellt, ist unbestritten – über die Qualität der darin gespeicherten Information wird dagegen oft und gerne debattiert. Inzwischen haben mehrere Zeitschriften die Probe aufs Exempel gemacht und in Vergleichstests die Wikipedia gegen die etablierten Enzyklopädien antreten lassen – und die Wikipedia hat dabei immer überraschend gut abgeschnitten.

Im Dezember 2005 publizierte die Zeitschrift Nature einen Artikel mit der Quintessenz, dass die Wikipedia nicht wesentlich mehr Fehler enthält als die Online-Ausgabe der Encyclopaedia Britannica: “Internet encyclopaedias go head to head” (Nature 438, S. 900f). Die Encyclopaedia Britannica kritisierte die Methodik und die Bewertung des Vergleichs scharf, Nature hielt jedoch an der Aussage fest, worauf die Britannica sogar Zeitungsanzeigen gegen den Nature-Artikel schaltetet, was Nature zu einer weiteren Stellungnahme veranlasste.

Zwei Jahre später liess der Stern einen ähnlichen Vergleich durchführen. Dabei wurde darauf geachtet, dass die Artikel aus möglichst verschiedenen Fachgebieten stammen (Nature hatte insbesondere naturwissenschaftliche Artikel verglichen, was gewisse Schwächen der Wikipedia in Sozial- und Geisteswissenschaften unberücksichtigt liess). Das kommerzielle Lexikon, an dem die Wikipedia diesmal gemessen wurde, war die kostenpflichtige Online-Ausgabe des 15-bändigen Brockhaus, bewertet wurden Richtigkeit, Vollständigkeit, Aktualität und Verständlichkeit. Das Resultat des Vergleichs viel noch deutlicher zugunsten der Wikipedia aus: Sie schlug den Brockhaus deutlich in allen Kriterien mit Ausnahme der Verständlichkeit. Auch der Brockhaus kritisierte den Vergleich als unfair.

Die beiden öffentlichkeitswirksamen Artikel bestätigen damit eine Beobachtung, welche auch die Computer-Zeitschrift c’t beim Vergleich der CD-ROM-Ausgaben von Bertelsmann, Brockhaus und Encarta mit der Wikipedia gemacht hatte (Ausgabe 6/2007): Die Wikipedia ist nicht perfekt, aber sie ist zu einer ernstzunehmenden Alternative geworden.

Weiterführende Artikel:

Tools für Wikipedianer

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Die Recent Changes Statistics zeigt, welche Wikipedia-User und welche Wikipedia-Seiten in einem bestimmten Zeitraum am häufigsten editiert haben bzw. wurden. Diese Information ist sicher nicht lebensnotwendig, aber mitunter ganz spannend, etwa um besonders aktive Wikipedianer zu identifizieren oder um besonders aktuelle Themen zu beobachten.

Ein weiteres Tool aus derselben Serie ist die Global Wikipedia Article Search. Bekanntlich sind die verschiedenen Sprachversionen der Wikipedia unabhängig voneinander; dieses Tool erlaubt es, einen Begriff parallel in allen Sprachversionen nachzuschlagen. Dadurch erkennt man, welche Sprachversion die umfassendsten Informationen zu einem Schlagwort bietet – und wo das Schlagwort eventuell ganz fehlt.

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Googlepedia: Simultan in Google und Wikipedia suchen

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Immer häufiger kommt es vor, dass ich in der Wikipedia nach Weblinks zu einem bestimmten Thema suche, falls ich über Google keine brauchbaren Treffer erhalten habe. Die Firefox-Extension Googlepedia vereinfacht diesen Prozess, indem sie automatisch bei jeder Google-Abfrage den entsprechenden Suchbegriff auch in der Wikipedia nachschlägt und den ersten Artikel in der rechten Fensterhälfte einblendet. Wer häufig im Internet recherchiert sollte Googlepedia unbedingt ausprobieren.

DRS Wiki: Ein Wiki ist kein Erfolgsgarant

Update: Inzwischen hat Schweizer Radio DRS das Wiki abgeschaltet.

image Eigentlich wäre die Idee, Mediengeschichte in Form eines Wikis zu erarbeiten, höchst spannend – besonders wenn es sich um eine nationale Institution wie das Schweizer Radio DRS handelt. Doch obwohl Radio DRS sowohl im Äther als auch auf der eigenen Website viele Möglichkeiten hätte, sein DRS Wiki zu promoten, kommt das Projekt nicht vom Fleck: Wer die Änderungen der letzten 30 Tage abruft, bekommt oft eine leere Seite zu sehen, und die Liste aller Seiten ist nach wie vor ziemlich überschaubar.

Fazit: Es reicht nicht aus, ein Wiki ins Internet zu stellen und darauf zu hoffen, dass die Community den Rest der Arbeit erledigt. Vielmehr muss man selbst Aufbauarbeit leisten und glaubwürdig vermitteln, dass das Wiki eine Zukunft hat. Wer jedoch die Einträge von DRS 1 oder Echo der Zeit liest kommt zwangsläufig zum Schluss, dass man selbst bei Schlüsselbegriffen den Aufwand gescheut hat, gehaltvolle Artikel zu verfassen. Auch dass es für den neuen News-Kanal DRS 4 oder für den aktuellen Radiodirektor Walter Rüegg schlicht keinen Eintrag gibt, spricht Bände. Das DRS Wiki ist ein gescheitertes Experiment. Schade.

Braucht es eine Wikipedia auf Alemannisch?

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Wer auf dem Schweizer Wikipedia-Portal genau hinsieht, findet dort auch einen Link zur Wikipedia uf Alemannisch (Schwyzerdütsch) – gleich neben der Wikipedia en rumantsch. Während sich die Existenzberechtigung letzterer rasch erschliesst (immerhin ist das Romanische unsere vierte Amtssprache), so fragt man sich: Braucht es wirklich eine Wikipedia auf Alemannisch?

Grundsätzlich ja, würde man meinen, ist es doch das Ziel der Wikipedia, Wissen in möglichst vielen Sprachen zusammenzutragen. Andererseits muss man sich fragen: Was ist den eigentlich Alemannisch?

“D’alemannisch Wikipedia isch e Enzyklopädie in de Dialäkt vom alemannische Sprochruum, also vo de Dütschschwiz, vom Elsass, vom Liechtestei, vo Oberbade, vom Schwobeland un vo Voradelberg.”

Das mag sprachwissenschaftlich korrekt sein, aber das bringt mir – obwohl mitten im alemannischen Sprachraum aufgewachsen – diese Sprache nicht viel näher. Denn einerseits empfinde ich meinen Dialekt und das, was Schwaben oder Elsässer sprechen, doch als sehr verschieden. Andererseits ist auch das Schwiizerdütsch alles andere als eine homogene Sprache. Kommt hinzu, dass das Alemannische nicht über verbindliche Regeln für Orthografie und Grammatik verfügt – ein Crash-Kurs “Wiä schriib ich guets Alemannisch?” muss reichen. Im übrigen gibt sich die alemannische Wikipedia-Community tolerant:

“Wär im Alemannische nit sicher isch, brücht sich nit vu dr alemannische Wikipedia üsgschlosse fiähle: er ka sini Text mit eberem, wu sicher isch, durchspräche un korrigiäre. S isch no ke Meischter vum Himmel gheijt.”

Schön gesagt – in Walliserdeutsch, würde ich meinen. Trotzdem bleibe ich dabei: Ein Potpurri aus verschiedensten Dialekten ist zwar amüsant, der konkrete Nutzen einer solchen Wikipedia bleibt aber bescheiden. Ausserdem scheint es mir schon eine ausreichend grosse Aufgabe, die Wikipedia in allen Schriftsprachen zu pflegen. 

Rezepte-Wiki: Die Wikipedia für Gourmets

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Das Rezepte-Wiki konzentriert sich ganz auf feste und flüssige Gaumenfreuden, wobei es nicht nur um reine Rezepte geht: Auch Warenkunde (z.B. Wein, Käse, Gewürze), Zubereitungstechniken (von “Aal häuten” bis “Zopf flechten”) und Küchengeräte (von “Ananansschneider” bis “Zuckerthermometer”) finden hier Platz und ergänzen die über 3’000 Rezepte.

Zwar gibt es auch in der “echten” Wikipedia ein Portal Essen & Trinken sowie ein Portal Wein, aber ein derart reichhaltiges Fachgebiet hat ganz sicher ein eigenes Wiki verdient. Es gibt meiner Meinung nach wenige Themen, für die ein Wiki dermassen prädestiniert ist, denn fast jede(r) hat Erfahrungen in der Küche gemacht.

Alle Inhalte des Rezepte-Wiki stehen unter einer Creative-Commons-Lizenz und dürften bei Quellenangabe frei verwendet werden.