Archiv der Kategorie 'Freenformation'

Open Source als Konzept für die Entwicklungshilfe

Samstag, den 9. Juli 2005

Dass das Open-Source-Konzept nicht auf die Informatik beschränkt bleiben muss, ist längst kein Geheimnis mehr. Im wissenschaftlichen Umfeld gibt es derzeit intensive Bestrebungen, elektronische Fachpublikationen (insbesondere Zeitschriften) kostenfrei und öffentlich zugänglich zu machen (sog. Open Access). Wissen, das durch öffentliche Gelder massgeblich finanziert worden sei, sollte auch der Öffentlichkeit zugänglich sein – so ein oft gehörtes Argument. Und wenn durch die Publikation Kosten entstünden, dann sollten diese die Autoren (welche dadurch ihre wissenschaftliche Karriere förderten) bezahlen, nicht die Leser. (Vgl. dazu den Artikel in Spectrum direkt).

Diese Bestrebungen stehen in Zusammenhang mit der allgemeinen Diskussion um erweiterte Nutzungsrechte für digitale Inhalte wie Texte, Bilder, Audio und Video (sog. Open Content). Hierfür wurden verschiedene Lizenzen geschaffen, welche eine kostenlose Nutzung oder gar eine Modifikation von solchen Inhalten vorsehen (z.B. GNU Free Documentation License, Creative Commons Licence).

Die Stiftung DNDi (Drugs for Neglected Diseases Initiative, an der unter anderem die Médecins Sans Frontières MSF beteiligt sind) macht sich den Open-Source-Gedanken auch für das Gesundheitswesen in Entwicklungsländern zu Nutze. Die DNDi hat ein Malaria-Medikament entwickelt, das sie nun vom Pharmakonzern Sanofi-Aventis produzieren lässt.

Nur: Im Gegensatz zu selbst entwickelten Medikamenten, welche die Pharmakonzerne mit Patenten gegen Nachahmer schützen, hat Sanofi-Aventis hier keine exklusiven Rechte. Somit darf (und soll) jeder Hersteller das Medikament kopieren, was zwangläufig dazu führt, dass sich seinVerkaufspreis zunehmend in Richtung der effektiven Herstellungskosten verschiebt. Und genau das ist die Voraussetzung dafür, dass sich die Menschen in den Entwicklungsländern solche Medikamente überhaupt leisten können.

Die Gedanken sind frei

Donnerstag, den 20. Januar 2005

“Bewusst einseitig” nennt das Netbib Weblog meine Zusammenfassung der Datenschutzproblematik bei RFID-Tags. Damit kann ich leben – obwohl ich eher das Wort “kehrseitig” benutzt hätte: Schliesslich wollte ich statt der hinlänglich bekannten und offensichtlichen Vorteile der RFID-Tags deren versteckte und nicht ganz einfach zu verstehenden Nachteile beleuchten, mithin also die Kehrseite der Medaille zeigen.

Dafür bringt mich Netbib auf einen neuen Aspekt des Themas, den ich nicht unbebloggt lassen möchte: RFID-Tags in Bibliotheken. Es scheint so, dass ausgerechnet Bibliotheken eine Vorreiterrolle bei der Einführung dieser Technik spielen. Das ist verständlich, aber auch bedenklich:

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Geburtstag der alten Tante

Sonntag, den 16. Januar 2005

Eines muss man der “alten Tante” lassen: Sie hat relativ früh die Bedeutung der Neuen Medien erkannt. Ein Online-Archiv der NZZ gab es schon zu Zeiten als Schweizer Medienkonsumenten erst über CompuServe an die weltweiten Datennetze angeschlossen waren. Das CD-ROM-Archiv hat Studenten bereits bei der Vollendung ihrer Lizenziatsarbeit geholfen, als andere Printmedien noch mühsam per Mikrofilm durchgesehen werden mussten. Die NZZ online ist – abgesehen von einem verunglückten Logo in der Frühphase – seit Jahren ein sicherer Wert in der Web-Landschaft. Und NZZ global ist eine der überzeugendsten Umsetzungen des E-Paper-Konzepts.

Trotz allem Pioniergeist an der Falkenstrasse ist die Zeitung aber erst seit 1993 elektronisch erschlossenen. Zum Jubeljäum lässt die NZZ nun sämtliche Ausgaben der ersten 225 Jahre scannen und per OCR in durchsuchbaren Text umwandeln (Details hier). Dass man diese 2 Millionen Seiten demnächst auf einer DVD erwerben kann, ist allerdings unwahrscheinlich: Da pro Seite 4 MByte Daten anfallen, umfasst das gesamte Archiv 10 TByte, und die NZZ investiert allein 300 000 Franken in ein Speichersystem, das diese Daten aufnehmen kann.

Diese netten Summen lassen vermuten, dass auch dieses Jahrhundertarchiv nicht frei zugänglich sein wird. Das kann man der “Tante NZZ” aber nicht mal übel nehmen: Denn dass sie überhaupt so alt geworden ist, verdankt sie nicht zuletzt dem Umstand, dass sie journalistische Qualität immer auch mit wirtschaftlichem Denken verband. Happy Birthday!

Google Scholar

Sonntag, den 26. Dezember 2004

Noch wird sie zwar als “beta” qualifiziert, die Suchmaschine für wissenschaftliche Texte von Google. Doch Google Scholar scheint schon ziemlich potent zu sein, und sie könnte die Welt der wissenschaftlichen Fachpublikationen kräftig aufmischen.

Ein guter Artikel, der weniger auf die Features der Suchmaschine als auf den grösseren Zusammenhang eingeht, hat Deborah Asbrand in der Technology Review publiziert:

“Open Access, der offene Zugang zu Forschungsinformationen, wird inzwischen von immer mehr Gruppen im Bereich wissenschaftlicher Publikationen gefordert. Sie sehen Google Scholar als ersten wichtigen Schritt, dies zu erreichen.”

Etwas anders klingt es bei Danny Sullivan von Search Engine Watch: Google Scholar indiziert Artikel, deren Volltext meist nur für Abonnenten der jeweiligen Fachzeitschrift einsehbar sind. Hierfür ist Google auf die Zusammenarbeit mit den jeweiligen Verlagen angewiesen. Die Verlage ihrerseits versprechen sich wohl von Google Scholar indirekt neue Abonnenten. Keine Konkurrenz also, sondern vielmehr eine Symbiose?

Why open access?

Sonntag, den 26. Dezember 2004

Open Access: Should scientific articles be available online and free to the public?” Diese Frage erörtert Amanda Schaffer in einem ausführlichen, gut recherchierten Artikel in Slate. Eines ihrer schlagendsten Argumente:

“It doesn’t make sense for journals to charge fees for access to primary research articles when that research is supported largely by public funding.”

Ein interessanter Link am Rande: Public Library of Science.

Vox populi

Donnerstag, den 23. Dezember 2004

Ein älterer, aber noch immer spannend zu lesender Artikel von Peter Glaser im NZZ Folio 2/2000 zur Frage, wie das Internet dem Begriff “Die Stimme des Volkes” eine ganz neue Bedeutung verleiht: David gegen Goliath.

Gerade für Konsumgüterhersteller kann die Dynamik des Internets je nach dem eine Chance oder eine Bedrohung sein. Was unter dem Stichwort Consumer Opinion bei Yahoo zu finden ist, reicht von vergleichsweise neutralen Produktetest-Websites bis hin zu Boykott-Aktionen gegen nahmhafte Unternehmen. Auch im Open Directory gibt es eine Kategorie mit Websites, die Brand- und Product-Managern schlaflose Nächte bereiten: Consumer Information: Complaints (deutsch: Verbraucherinformationen: Beschwerden).

HörBuchNetz

Samstag, den 18. Dezember 2004

Noch eine Leidenschaft: Hörbücher. Am liebsten vor dem Einschlafen. Phantastisch, wenn jemand einen guten Text auch noch gut liest. (Und furchtbar, wenn ein begnadeter Autor ein fürchterlicher Vorleser ist, wie etwa Urs Widmer.)

Unter Vorleser.net gibt es Hörbücher kostenlos. So ähnlich wie es bei Projekt Gutenberg kostenlose Bücher gibt. Und aus demselben Grund: Weil das Copyright 70 Jahre nach dem Tod des Autors erlischt.

Freiflug

Mittwoch, den 8. Dezember 2004

Eine meiner Leidenschaften sind Landkarten, insbesondere Reliefkarten, und noch lieber mag ich Luft- und Satellitenaufnahmen. Zu Weihnachten schenke ich mir deshalb die World Wind Software der NASA. Damit schwebt man völlig schwere- und auch risikolos in beliebiger Höhe über unserem Planeten und kann jeden Winkel der Welt auskundschaften. World Wind kombiniert hierzu Satelliten- bzw. Raumfahrt-Fotos sowie GIS-Daten aus verschiedenen Quellen (z.B. Blue Marble, Landsat 7 und USGS/TerraServer).

Die Software gibt es im Moment nur für Windows. Sie packt einige hundert MByte Daten auf die Festplatte und lädt zudem laufend Detailaufnahmen vom NASA-Server nach (max. 2 GByte aus dem Gesamtbestand von ca. 20 TByte). Ein anständiger PC mit einer fetten Internet-Anbindung ist deshalb Voraussetzung dafür, dass man mit World Wind glücklich wird.

Wer einfach einmal in die Bilder eintauchen will, die sich mit World Wind erschliessen, besucht am besten World Wind Central, wo ausgewählte Flecken dieser Erde als Screenshots zu sehen sind.

Das Schönste an World Wind ist aber, dass die Software Open Source und die Fotos Public Domain sind. (Es gibt sogar eine spezielle NASA Open Source Licence.) Auf diese Weise gibt die NASA einen kleinen Teil der Gelder, welche die Raumfahrt verschlingt, wieder an die Bevölkerung zurück.

News travel fast

Montag, den 6. Dezember 2004

Wikipedia, die freie Enzyklopädie, ist ohne Zweifel eine der schönsten Umsetzungen des Ideals der Informationsfreiheit und des Wissensaustauschs. Auch andere Wiki-Projekte haben ihre Daseinsberechtigung. Ob allerdings auch Wikinews als neuster Spross der Wiki-Familie das Internet bereichern wird? Im Moment lesen sich die Wikinews nicht anders als Agenturmeldungen, und die Quellenangaben machen deutlich, dass die Autoren ihre Informationen keineswegs aus erster Hand haben, sondern lediglich Berichte der grossen Medien synthetisieren. Das kann es ja wohl nicht sein – da lese ich lieber selbst den Spiegel oder die NZZ.

Damit Wikinews etwas zur Medienvielfalt beiträgt, braucht es meiner Ansicht nach nicht die Breaking News nachzuplappern. Was ich mir erhoffe sind vielmehr Berichte, welche in den quotenfixierten kommerziellen Medien zu kurz kommen – sei es, weil sie nicht ganz so spektakulär, nicht ganz so neu, nicht ganz so leicht konsumierbar sind. Und wer weiss: Vielleicht entsteht auf diese Weise sogar eine Gegenöffentlichkeit, welche gelegentlich etwas aufdeckt, was andere lieber unter den Teppich kehren würden.

Natürlich: Ein solches Medium entsteht nicht über Nacht. Die Wikinews-Macher beschweren sich denn auch zu Recht, dass sie ihre ersten Gehversuche nicht in aller Stille machen dürfen, sondern bereits von der gesamten Online-Community beobachtet werden. Sorry Jungs & Mädels – aber auch ich konnte mir den Hinweis nicht verkneifen. News travel fast!

Some rights reserved

Montag, den 29. November 2004

Beide Konzepte haben etwas für sich: Copyright und Open Source. Das Copyright garantiert jemandem, der eine kreative Leistung erbringt, die Kontrolle über sein geistiges Eigentum (inklusive dessen kommerzielle Verwertung). Das empfinden wir als gerecht und erlaubt es, von kreativer Leistung zu leben – was Kreativität tendenziell fördert und letzlich wieder allen zu gute kommt. Open Source wiederum ermöglicht es allen, die das wollen, die freie Nutzung der kreativen Leistung (inklusive der Weiterentwicklung). Dies bringt uns kollektiv weiter, bietet allen gleiche Chancen und verhindert Monopole.

Wer zwischen Eigennutz und Idealismus hin und her gerissen ist und sich einen Zwischenweg wünscht, dem kann geholfen werden: Creative Commons heisst das Lizenzierungsmodell, das zwischen Copyright und Copyleft steht (Copymiddle, gewissermassen). Wer sein Werk unter eine Creative Commons Licence stellt, der gibt es so weit zur Nutzung frei, wie er das möchte, und behält so viel Kontrolle darüber, wie er möchte. Einfach zusammengefasst bedeutet das:

“Creative Commons defines the spectrum of possibilities between full copyright — all rights reserved — and the public domain — no rights reserved. Our licenses help you keep your copyright while inviting certain uses of your work — a some rights reserved copyright.”