Monatsarchiv für April 2005

Vom Blog zum Pod

Samstag, den 30. April 2005

Eine Konstante der Kulturevolution scheint die Tendenz zur Multimedialität zu sein. Oder weniger umständlich gesagt: Wer will sich mit Text zufrieden geben, wenn er Ton haben kann?

Nach den Blogs zeichnet sich mit den Podcasts ein neuer Internet-Hype ab. Podcasts sind selbstgemachte Radiosendungen (oder sagen wir neutraler: Audiobeiträge), die als MP3-Dateien zum Download angeboten werden. Im Gegensatz zu Live-Streams kann man sie auf dem eigenen Rechner speichern, zu einem beliebigen Zeitpunkt hören und auch auf einen mobilen MP3-Player transferieren. Angekündigt werden neue Beiträge – ähnlich wie bei den Blogs – über RSS-Feeds. Sehr schön erklärt wird das beispielsweise bei www.podcast.de.

Mit etwas Phantasie kann man Podcasts für ganz verschiedene Dinge benutzen:

  • um sich als zukünftiger Radiomoderator zu empfehlen, indem man flotte Sprüche mit flotter Musik mischt
  • um Fakten und Meinungen unter die Leute zu bringen, die in den Massenmedien zu wenig Gehör finden
  • um Lokalradio für kleinste geografische Einheiten zu realisieren
  • um Lerninhalte für Schüler und Studenten bereitzustellen (z.B. Vorlesungen, Sprachkurse)
  • um eigene Hörspiele oder Hörbücher zu produzieren
  • um noch unbekannte Musiker oder Bands zu promoten
  • um ein akustisches Tagebuch zu führen oder sich als Tonjäger zu betätigen

Ob das Podcasting aber tatsächlich die gleiche Verbreitung finden wird wie das Bloggen? Schon schreiben fällt manchen Leuten schwer genug – sprechen ist eine Kunst für sich. Ausserdem: Ein Blog kann man innert Minuten nach interessanten Inhalten durchkämmen – aber wer hat schon die Zeit, sich stundenlang durch Podcasts zu hören, bis er vielleicht doch einmal etwas nicht ganz so Belangloses findet?

Ein paar Podcasts werden es wohl trotzdem zum Kultstatus schaffen, und das mag ich ihnen auch herzlich gönnen. Kandidaten findet man beispielsweise in den folgenden Podcast-Verzeichnissen:

P.S. Für die älteren Leser meines Blogs: Natürlich haben wir das Podcasting schon vor Jahrzehnten erfunden, als wir mit dem Ghettoblaster (der damals noch Radiorecorder hiess) unsere eigene Hitparade aufgenommen und auf Kassette an Freunde verteilt haben.

Fröilein… bringed S’mer na eis!

Dienstag, den 26. April 2005

Aha – jetzt wollen sie’s aber wirklich wissen:

“Der Schweizer Branchenverband Wein (SBW) will gegen das Bundesamt für Gesundheit (BAG) und die Beratungsstelle für Unfallverhütung (BfU) klagen. Deren 0,5-Promille-Kampagne sei falsch und unlauter.”

(www.tagesanzeiger.ch, 26.4.2005)

Ich bleibe trotzdem bei meiner Darstellung.

Motto

Samstag, den 23. April 2005

Berufsmotto der Wildplakatierer:

“Kleben und kleben lassen!”

To think about [9]

Freitag, den 22. April 2005

Hotdogs, die bellen, beisst man nicht.

Kultig

Montag, den 18. April 2005

Designed by Tim with Vectorama

Im Vectorama kann man online zeichnen, malen, gestalten – vor den Augen aller, mit- und gegeneinander. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass dabei immer wieder kleine Gebrauchskunstwerke entstehen, die als kultige Partyflyer oder postmoderne Zeitschriften-Illustrationen durchgehen könnten. Eine sehr kreative Umsetzung des Gedankens, das Kunst kein Objekt, sondern ein Prozess ist. (Und eine eindrückliche Demonstration dessen, was Flash leisten kann. Wie passend für den Tag der Übernahme von Macromedia durch Adobe…)

Die Hommingberger Gepardenforelle

Montag, den 18. April 2005

Dies ist KEINE Hommingberger Gepardenforelle!

Mit Suchmaschinen kann man suchen – und spielen: Die Zeitschrift c’t veranstaltet derzeit einen SEO-Wettbewerb,* bei der die Hommingberger Gepardenforelle eine zentrale Rolle spielt. Ziel ist es, eine Website zu bauen, die bei Google auf Platz 1 der Trefferliste erscheint, wenn man den Suchbegriff “Hommingberger Gepardenforelle” eingibt.

Das arme Tier weiss allerdings nicht, wie ihm geschieht, ist es doch ein reines Phantasiegebilde – auch wenn geschickte Fälschungen im Umlauf sind, die uns von der Existenz der Hommingberger Gepardenforelle überzeugen möchten. (Eher plump dagegen ist diese angebliche Aufnahme einer Hommingberger Gepardenforelle, zumal der Hintergrund sehr unecht wirkt.)

Übrigens wurde schon früher mit Suchmaschinen Schindluder getrieben: Als Vorbild für c’t diente der Wettbewerb, bei dem der sinnleere Begriff “Nigritude Ultramarines” in die Suchmaschinen gehievt werden musste.

* SEO = Search Engine Optimization

nofollow = nospam?

Sonntag, den 17. April 2005

Weil Kommentar-Spam in Weblogs zunehmend zu einem Problem für die Suchmaschinen wird, schlägt Google eine Lösung in Form des nofollow-Attributs vor. Für Google mag das interessant sein – für den Weblog-Betreiber eher weniger.

Worum geht es? Wenn Spammer in Weblog-Kommentaren für eine andere Website werben, dann haben sie zwei Absichten: Zunächst hoffen sie ganz einfach darauf, dass Weblog-Leser auf den angegebenen Link klicken. Vor allem aber wollen sie die Positionierung der beworbenen Website in den Suchmaschinen verbessern – weil nämlich Google & Co. darauf achten, wie oft eine Website von anderen verlinkt wird. Dieses demokratische Bewertungsverfahren wird natürlich zur Farce, wenn man selbst auf seine Website verlinken kann – beispielsweise in einem Forum oder eben in einem Weblog-Kommentar. Und wenn man dies nicht nur manuell, sondern automatisiert über Robots (Bots) tut, dann kann man seine Verlinkungsrate ziemlich rasch ziemlich massiv in die Höhe treiben.

Google möchte nun, dass Weblogs so modifiziert werden, dass sie Links in Kommentaren mit einem nofollow-Attribut kennzeichnen. Spammer-Links wären dann für Goolge sehr einfach zu erkennen und würden nicht indiziert: <a href="http://www.allfree.com" rel="nofollow">Viagra for free!</a>. Leider würden auf diese Weise unterschiedlos alle Kommentar-Links ignoriert – auch wenn sie nicht von Spammern stammen.

Was allerdings noch schwerer wiegt: Die vorgeschlagene Methode hilft zwar Google (weil es Spammer nicht in den Suchmaschinen-Index schaffen), nicht aber dem Website-Betreiber (weil Spammer natürlich nicht so freundlich sind, mit dem nofollow-Attribut arbeitende Weblogs mit Kommtar-Spam zu verschonen.

Wesentlich effektiver sind da Spam-Filter-Plugins. Für WordPress sehr empfehlenswert: Dr. Dave’s Spam Karma. Einmal installiert filtert es zuverlässig alle Empfehlungen für Glücksspiele oder Potenzmittel und ist praktisch wartungsfrei. False Positives sind minimal, False Negatives selten – wer ganz sicher sein will, kann sich zudem eine Liste mit den gefilterten Kommentaren mailen lassen und bei Bedarf korrigierend eingreifen.

Was man sich bewusst sein muss: Spam Karma verhindert zwar, dass Kommentar-Spam publiziert wird – gestoppt werden die Spam-Bots damit aber nicht, und so werden sie weiterhin zu Besuch kommen, den Server belasten und die Datenbank füllen. Will man das Übel an der Wurzel packen, so muss man verhindern, dass ein Bot das Kommentarformular überhaupt abschicken kann. Falls man die Kommentarfunktion nicht ganz abschalten will, braucht man einen Mechanismus, der einen menschlichen Leser von einem Spam-Bot unterscheidet.

Ein solcher Mechanismus heisst Captcha (Completely Automated Public Turing Test to Tell Computers and Humans Apart). Beliebt sind in diesem Zusammenhang Zufallscodes, welche in Form eines Bildes angezeigt werden und dann in ein Eingabefeld übertragen werden müssen. Verzerrt man die Zeichen und benutzt man einen unruhigen Hintergrund, so stossen die Bots mit ihrer Zeichenerkennung rasch an ihre Grenzen, während ein Mensch auch einen stark verfremdeten Code noch gut lesen kann.

Für WordPress gibt es hierfür das Botcheck-Plugin von Brian Schneider Es ist seit heute auch auf Weitblick installiert, und ich bin sehr gespannt, ob Spam Karma weiterhin so viel zu tun hat wie bisher…

Luxusgut

Sonntag, den 17. April 2005

Kinder kostet Geld. Wissen wir alle. Doch wie teuer sind Kinder eigentlich? Im Tages-Anzeiger (Ausgabe vom 14.04.2005, S. 57) können wir es schwarz auf weiss nachlesen:

Grafik: Unterhaltskosten f�¼r Kinder

(Quelle: Amt für Jugend- und Berufsberatung Kanton Zürich)

Die gute Nachricht ist: Wer kein Einzelkind, sondern eine ganze Rasselbande grosszieht, kriegt Mengenrabatt: 4 Kinder kosten nur dreimal soviel wie 1 Kind. Die schlechte Nachricht ist: Diese Kosten werden durch Kinderzulagen und Steuerabzüge nicht annähernd kompensiert. Kinder zu haben ist ein Luxus, den man sich rein finanziell nur bedingt leisten kann.

Fragen, die die Welt bewegen

Sonntag, den 17. April 2005

Thomas Minder ist Geschäftsführer und Inhaber der Trybol AG, die Zahnpasta und diverse andere Kosmetika herstellt. Bekannt ist er vor allem, weil er medienwirksam gegen überrissene Managergehälter wettert und auch auf politischem Weg dagegen angehen will.

Ich persönlich verdanke Thomas Minder vor allem eine Erkenntnis, die weit weniger Tragweite hat, mir aber trotzdem lieb und teuer ist. Haben Sie sich auch schon gefragt, wie man eine mehrfarbige Zahnpasta in eine Tube füllt, so dass sie anschliessend wieder in sauber getrennten, gleichmässigen Farbstreifen auf der Zahnbürste landet?

Ganz einfach: Die Zahnpasta ist ausschliesslich weiss, so lange sie sich in der Tube versteckt. Erst beim Austritt aus der Tube wird sie eingefärbt. Die Vorstellung, dass der weisse Streifen gegen Karies und der rote Streifen gegen Zahnfleischbluten hilft, ist somit pure, durch geschicktes Marketing geförderte Einbildung – beides ist dieselbe Zahnpasta, die wohl ein bisschen gegen alles hilft.

Bier auf Wein auf Bier

Samstag, den 16. April 2005

Ich liebe es, mich von einschlägigen Lexika über Irrtümer aufklären zu lassen. Und offensichtlich bin ich nicht der einzige, denn nach dem erfolgreichen Lexikon der populären Irrtümer publiziert der Eichborn-Verlag weitere solche Titel im Akkord – vom Lexikon der populären Ernährungsirrtümer über das Lexikon der populären Sprachirrtümer und das Lexikon der Öko-Irrtümer bis zum Lexikon der Sexirrtümer.

Ein nicht ganz so überzeugender Vertreter dieses Genres ist das “Kleine Lexikon der unsinnigen Regeln und Ermahnungen”, wie das Buch von Jürgen Brater im Untertitel heisst:

Buchcover \"Bier auf Wein, das lass sein!\"

Zum einen ist der Erkenntnisgewinn oft nicht spektakulär – dass Senf nicht dumm und Selbstbefriedigung nicht krank machen, dürfte niemanden überraschen. Zum zweiten betreffen die unsinnigen Regeln oft nicht Fakten, sondern Benimmregeln und Lebensphilosophien, wo sich die Sinnfrage nicht abschliessend beantworten lässt – betreffe dies nun den Gebrauch von Besteck oder die Haltung gegenüber unseren Mitmenschen (“Der Klügere gibt nach!”). Zum dritten bleibt der Autor den sauberen Nachweis, wo man seine Behauptungen nachprüfen kann, im Detail schuldig – was damit zusammenhängen mag, dass er doch einiges von anderen Irrtümer-Lexika abgeschrieben hat.

Trotzdem bleibt unter dem Strich genügend Material, um daraus noch eine Liste der 10 unsinnigsten Regeln und Ermahnungen zu erstellen:

  1. Mutwilliges Schielen führt zu bleibenden Schäden
  2. Auskuppeln spart Benzin
  3. Auf Metall geriebene Münzen nimmt ein Automat besser an
  4. Bier auf Wein, das lass sein. Wein auf Bier das rat’ ich Dir
  5. Warmes Brot macht Bauchweh
  6. Warme Kleider schützen vor Erkältung
  7. Fleisch muss man anbraten, damit sich die Poren schliessen und der Saft drin bleibt
  8. Eichen sollst Du weichen, Buchen sollst Du suchen
  9. Rasieren fördert das Haarwachstum
  10. Zitrusfrüchte gehören nicht auf den Kompost