Die Verführung der Macht
30. Januar 2005 | Tim SpringerDie SonntagsZeitung bringt heute einen lesenswerten Artikel über die Machtdemonstrationen von Steve Jobs bzw. seinen Anwälten: Apple Computer geht in jüngster Zeit immer wieder hart gegen Personen vor, denen sie Verrat von Geschäftsgeheimnissen oder Verletzung des Copyrights vorwerfen. Veröffentlicht beispielsweise ein Student einige Tage vor der Keynote von Steve Jobs Gerüchte über einen neuen Mac, dann ist das in den Augen von Apple ein einklagbarer Straftatbestand, zumal die Gerüchte stimmten und auf firmeninternen Quellen beruhten.
Es macht ein bisschen den Eindruck, dass Apple unter dem Eindruck eines alten Traumas überreagiert. Bekanntlich hat Microsoft für Windows kräftig beim Mac OS abgekupfert, und weil Apple einen nicht ganz so cleveren Vertrag mit Microsoft geschlossen hatte, konnte Microsoft dafür gerichtlich auch nicht belangt werden. Unter dem Eindruck eines ständig abbröckelnden Marktanteils kann man da natürlich schon ein bisschen empfindlich werden. Trotzdem ist es fatal, wenn ausgerechnet diejenige Firma, die keine Kunden, sondern nur Fans hat, derart rabiat gegen diese Fans vorgeht. Seien es Vorabinformationen über einen neuen Mac mini oder das Zitat einer Apple-Anzeige: Letztlich sind solche „Gesetzesverstösse“ doch primär eine Referenz an Apple und zugleich ein Multiplikator der eigenen Marketingaktivitäten.
Der einstige Hippie Steve Jobs, der nach wie vor jede Keynote in Bluejeans bestreitet, erscheint somit als ein weiteres Beispiel für die Binsenwahrheit, dass Macht korrumpiert. Eine Berliner Studentin, die ebenfalls mit Apples Rechtsabteilung Bekanntschaft machte, schrieb in einem Offenen Brief sehr treffend:
„Mensch, Steve, früher warst du doch ein Pirat, und jetzt benimmst du dich wie die Navy.“
31. Januar 2005 - 09:23 Uhr
Ja, den Bericht hab ich auch gelesen, hat mich recht erstaunt, von den Mac-Fanatikern der SoZ. Er ist übrigens Online: http://www.sonntagszeitung.ch/dyn/news/multimedia/461531.html
Gruss