Kaffeesatz [Part 2]

18. Dezember 2004 | Tim Springer

Also das mit dem Kaffeepreiszerfall ist offenbar doch nicht ganz so simpel, wie ich es kürzlich in der NZZ gelesen hatte: “Das Problem der teueren Rohstoffe” titelt heute der Tages-Anzeiger und zeigt auf, dass der Kaffeepreis seit Anfang dieses Jahres um mehr als 60 Prozent gestiegen ist.

“‘Die Preise waren seit mehreren Jahren nicht mehr so hoch’, schreibt die Internationale Kaffeeorganisation ICO in ihrem November-Marktbericht. Und da die Nachfrage das Angebot auch in Zukunft übersteigen werde, rechnet die ICO auch für 2005 und 2006 mit steigenden Preisen.”

Na watt denn nu? Steigt der Kaffeepreis oder sinkt er? Da hilft nur recherchieren – und zwar an der Quelle bei der International Coffee Organization ICO, wo statistische Daten der letzten 20 Jahre frei verfügbar sind. Was man aus diesem Zahlenmaterial mit Hilfe einer Tabellenkalkulation herausdestillieren kann, ist folgendes:

Kaffeepreise 1985-2004

Was sagt uns das? Tatsächlich ist der Composite Indicator Price (rot) zwischen 1997 und 2001 um 50 Prozent eingebrochen. Die NZZ hat also recht. Andererseits verzeichnete der Kaffeepreis im laufenden Jahr (und insbesondere im laufenden Quartal) wieder einen Aufwärtstrend (was man allerdings auf obiger Grafik nicht sieht, weil sie nur den Preis zum Jahresanfang zeigt). Auch der Tagi hat also recht.

Und wenn wir gerade beim Relativieren sind: Der Retail Price in Switzerland (blau) ist zwar ebenfalls ziemlich in Bewegung, von einer dramatischen, kontinuierlichen Verteuerung kann man aber deswegen nicht sprechen. Wenn also der Kaffee crème im Restaurant immer wieder mal aufschlägt, dann hat dies wohl kaum mit dem Kaffeepreis zu tun. Trotzdem ist es nicht der Beizer, der den Gewinn aus den sinkenden Weltmarktpreisen für Kaffee einstreicht – das tun Unternehmen, die noch vor ihm in der Nahrungskette kommen.

Wer es genauer wissen will, dem sei zur Lektüre empfohlen: