nofollow = nospam?

17. April 2005 | Tim Springer

Weil Kommentar-Spam in Weblogs zunehmend zu einem Problem für die Suchmaschinen wird, schlägt Google eine Lösung in Form des nofollow-Attributs vor. Für Google mag das interessant sein – für den Weblog-Betreiber eher weniger.

Worum geht es? Wenn Spammer in Weblog-Kommentaren für eine andere Website werben, dann haben sie zwei Absichten: Zunächst hoffen sie ganz einfach darauf, dass Weblog-Leser auf den angegebenen Link klicken. Vor allem aber wollen sie die Positionierung der beworbenen Website in den Suchmaschinen verbessern – weil nämlich Google & Co. darauf achten, wie oft eine Website von anderen verlinkt wird. Dieses demokratische Bewertungsverfahren wird natürlich zur Farce, wenn man selbst auf seine Website verlinken kann – beispielsweise in einem Forum oder eben in einem Weblog-Kommentar. Und wenn man dies nicht nur manuell, sondern automatisiert über Robots (Bots) tut, dann kann man seine Verlinkungsrate ziemlich rasch ziemlich massiv in die Höhe treiben.

Google möchte nun, dass Weblogs so modifiziert werden, dass sie Links in Kommentaren mit einem nofollow-Attribut kennzeichnen. Spammer-Links wären dann für Goolge sehr einfach zu erkennen und würden nicht indiziert: <a href="http://www.allfree.com" rel="nofollow">Viagra for free!</a>. Leider würden auf diese Weise unterschiedlos alle Kommentar-Links ignoriert – auch wenn sie nicht von Spammern stammen.

Was allerdings noch schwerer wiegt: Die vorgeschlagene Methode hilft zwar Google (weil es Spammer nicht in den Suchmaschinen-Index schaffen), nicht aber dem Website-Betreiber (weil Spammer natürlich nicht so freundlich sind, mit dem nofollow-Attribut arbeitende Weblogs mit Kommtar-Spam zu verschonen.

Wesentlich effektiver sind da Spam-Filter-Plugins. Für WordPress sehr empfehlenswert: Dr. Dave’s Spam Karma. Einmal installiert filtert es zuverlässig alle Empfehlungen für Glücksspiele oder Potenzmittel und ist praktisch wartungsfrei. False Positives sind minimal, False Negatives selten – wer ganz sicher sein will, kann sich zudem eine Liste mit den gefilterten Kommentaren mailen lassen und bei Bedarf korrigierend eingreifen.

Was man sich bewusst sein muss: Spam Karma verhindert zwar, dass Kommentar-Spam publiziert wird – gestoppt werden die Spam-Bots damit aber nicht, und so werden sie weiterhin zu Besuch kommen, den Server belasten und die Datenbank füllen. Will man das Übel an der Wurzel packen, so muss man verhindern, dass ein Bot das Kommentarformular überhaupt abschicken kann. Falls man die Kommentarfunktion nicht ganz abschalten will, braucht man einen Mechanismus, der einen menschlichen Leser von einem Spam-Bot unterscheidet.

Ein solcher Mechanismus heisst Captcha (Completely Automated Public Turing Test to Tell Computers and Humans Apart). Beliebt sind in diesem Zusammenhang Zufallscodes, welche in Form eines Bildes angezeigt werden und dann in ein Eingabefeld übertragen werden müssen. Verzerrt man die Zeichen und benutzt man einen unruhigen Hintergrund, so stossen die Bots mit ihrer Zeichenerkennung rasch an ihre Grenzen, während ein Mensch auch einen stark verfremdeten Code noch gut lesen kann.

Für WordPress gibt es hierfür das Botcheck-Plugin von Brian Schneider Es ist seit heute auch auf Weitblick installiert, und ich bin sehr gespannt, ob Spam Karma weiterhin so viel zu tun hat wie bisher…

Luxusgut

17. April 2005 | Tim Springer

Kinder kostet Geld. Wissen wir alle. Doch wie teuer sind Kinder eigentlich? Im Tages-Anzeiger (Ausgabe vom 14.04.2005, S. 57) können wir es schwarz auf weiss nachlesen:

Grafik: Unterhaltskosten f�¼r Kinder

(Quelle: Amt für Jugend- und Berufsberatung Kanton Zürich)

Die gute Nachricht ist: Wer kein Einzelkind, sondern eine ganze Rasselbande grosszieht, kriegt Mengenrabatt: 4 Kinder kosten nur dreimal soviel wie 1 Kind. Die schlechte Nachricht ist: Diese Kosten werden durch Kinderzulagen und Steuerabzüge nicht annähernd kompensiert. Kinder zu haben ist ein Luxus, den man sich rein finanziell nur bedingt leisten kann.

Fragen, die die Welt bewegen

17. April 2005 | Tim Springer

Thomas Minder ist Geschäftsführer und Inhaber der Trybol AG, die Zahnpasta und diverse andere Kosmetika herstellt. Bekannt ist er vor allem, weil er medienwirksam gegen überrissene Managergehälter wettert und auch auf politischem Weg dagegen angehen will.

Ich persönlich verdanke Thomas Minder vor allem eine Erkenntnis, die weit weniger Tragweite hat, mir aber trotzdem lieb und teuer ist. Haben Sie sich auch schon gefragt, wie man eine mehrfarbige Zahnpasta in eine Tube füllt, so dass sie anschliessend wieder in sauber getrennten, gleichmässigen Farbstreifen auf der Zahnbürste landet?

Ganz einfach: Die Zahnpasta ist ausschliesslich weiss, so lange sie sich in der Tube versteckt. Erst beim Austritt aus der Tube wird sie eingefärbt. Die Vorstellung, dass der weisse Streifen gegen Karies und der rote Streifen gegen Zahnfleischbluten hilft, ist somit pure, durch geschicktes Marketing geförderte Einbildung – beides ist dieselbe Zahnpasta, die wohl ein bisschen gegen alles hilft.

Bier auf Wein auf Bier

16. April 2005 | Tim Springer

Ich liebe es, mich von einschlägigen Lexika über Irrtümer aufklären zu lassen. Und offensichtlich bin ich nicht der einzige, denn nach dem erfolgreichen Lexikon der populären Irrtümer publiziert der Eichborn-Verlag weitere solche Titel im Akkord – vom Lexikon der populären Ernährungsirrtümer über das Lexikon der populären Sprachirrtümer und das Lexikon der Öko-Irrtümer bis zum Lexikon der Sexirrtümer.

Ein nicht ganz so überzeugender Vertreter dieses Genres ist das „Kleine Lexikon der unsinnigen Regeln und Ermahnungen“, wie das Buch von Jürgen Brater im Untertitel heisst:

Buchcover \"Bier auf Wein, das lass sein!\"

Zum einen ist der Erkenntnisgewinn oft nicht spektakulär – dass Senf nicht dumm und Selbstbefriedigung nicht krank machen, dürfte niemanden überraschen. Zum zweiten betreffen die unsinnigen Regeln oft nicht Fakten, sondern Benimmregeln und Lebensphilosophien, wo sich die Sinnfrage nicht abschliessend beantworten lässt – betreffe dies nun den Gebrauch von Besteck oder die Haltung gegenüber unseren Mitmenschen („Der Klügere gibt nach!“). Zum dritten bleibt der Autor den sauberen Nachweis, wo man seine Behauptungen nachprüfen kann, im Detail schuldig – was damit zusammenhängen mag, dass er doch einiges von anderen Irrtümer-Lexika abgeschrieben hat.

Trotzdem bleibt unter dem Strich genügend Material, um daraus noch eine Liste der 10 unsinnigsten Regeln und Ermahnungen zu erstellen:

  1. Mutwilliges Schielen führt zu bleibenden Schäden
  2. Auskuppeln spart Benzin
  3. Auf Metall geriebene Münzen nimmt ein Automat besser an
  4. Bier auf Wein, das lass sein. Wein auf Bier das rat‘ ich Dir
  5. Warmes Brot macht Bauchweh
  6. Warme Kleider schützen vor Erkältung
  7. Fleisch muss man anbraten, damit sich die Poren schliessen und der Saft drin bleibt
  8. Eichen sollst Du weichen, Buchen sollst Du suchen
  9. Rasieren fördert das Haarwachstum
  10. Zitrusfrüchte gehören nicht auf den Kompost

Nullkommafünf Promille = Null Problem?

13. April 2005 | Tim Springer

Erst die Weltwoche („Auf Ihr Wohl“, Ausgabe 14/2005), heute 10 vor 10: Es setzt Prügel für das BfU, und zwar wegen der Kampagne zur 0,5-Promille-Grenze, die seit dem 1. Januar 2005 auf Schweizer Strassen gilt. „Eins ist o.k.“ sagt die Kampagne – was implizit heisst: Mehr als 1 Glas Alkohol sind zu viel, um sich noch ans Steuer zu setzen.

„Stimmt gar nicht!“, schreien jetzt alle auf: die Gastwirte (welche seit dem 1.1.2005 deutlich weniger Alkohol ausgeschenkt haben), aber auch die Medien (die eine publikumswirksame Enthüllungsstory wittern). Und tatsächlich: Sogar der Promillerechner auf der Kampagnen-Website zeigt, dass man – je nach Geschlecht, Gewicht, Nahrungsmittelaufnahme und Zeitraum des Alkoholkonsums – deutlich mehr bechern kann, ohne die Polizeikontrolle fürchten zu müssen.

Und was schliessen wir daraus? „Erwachsene Menschen sollte man nüchtern informieren und nicht beschwindeln“, meint die Weltwoche. Ist es geschwindelt, wenn man in einer Kampagne einen Sachverhalt auf eine griffige Botschaft reduziert, die so nicht vollumfänglich stimmt? Das kann man so sehen. Aber so ziemlich jede Kampagne funktioniert nach diesem Prinzip: einen komplexen Sachverhalt auf eine einfache Botschaft reduzieren, damit sie hängen bleibt. (Nebenbei: Auch die Schlagzeilen der Weltwoche funktionieren nach diesem Prinzip.)

Das BfU macht also ganz normale Werbung. Und bleibt dabei mit der Aussage auf der sicheren Seite. So what? Man stelle sich die Medienschelte vor, wenn die Kampagne lauten würde: „2 Gläser sind genug!“ Flugs hätten die Journalisten einer Frau mit 55 Kilogramm Körpergewicht 2 dl Wein eingeflösst, ihr dabei jegliche Nahrung verweigert und sie 2 Stunden später in ein Auto gesetzt – 0,5 Promille überschritten, Ausweis entzogen oder gar jemanden totgefahren, Skandal!

Übrigens können wir die Diskussion auch gerne mal andersrum führen: Wer sagt eigentlich, dass 0,5 Promille noch o.k. sind? Gemäss Bundesamt für Gesundheit lassen sich bereits bei 0,2 Promille alkoholbedingte Symptome wie verminderte Sehleistung, Konzentrationsschwächen und steigende Risikobereitschaft beobachten.

Es bleibt dabei: Eins ist o.k. – und genug. Prost!

Geht ja!

13. April 2005 | Tim Springer

Kürzlich hatte ich das Salärmodell des Apple-CEO Steve Jobs als nachahmenswertes Beispiel bezeichnet. Inzwischen hat er Nachahmer gefunden: Auch die beiden Google-Gründer Larry Page und Sergey Brin sowie der Google-CEO Eric Schmidt verdienen ab diesem Jahr nur noch einen symbolischen Dollar pro Jahr. Verhungern werden diese drei Herren dank eines soliden Vermögens trotzdem nicht – ihre Google-Aktien sind einige Milliarden US-Dollar wert. Mehr im NetzwocheTicker.

Ich bin auch ein Radio

12. April 2005 | Tim Springer

Die Billag, welche in der Schweiz die Radio- und Fernsehgebühren eintreibt und gerne mal einen Ferienhäuschenbesitzer zu viel schröpft, hat sich kürzlich wieder einmal etwas weit aus dem Fenster gelehnt, als sie eine Offensive gegen das Schwarzhören bzw. Scharzsehen im Internet startete. Jetzt folgt eine – naja: „Präzisierung“.

Mein Computer ist demnach nur dann ein Radio, wenn er a) über ISDN oder Breitband am Internet hängt und b) der Empfang der Radiosendungen über entsprechende Software erfolgt. Entweder deinstalliert man also den Media-Player oder man schliesst die entsprechenden Ports per Firewall.

Damit mein Computer auch als Fernseher gilt, muss ich zusätzlich ein Abonnement für Internet-TV abgeschlossen haben. Die paar Filmchen, die ich mir heutzutage von den Websites runtersaugen kann, gelten nämlich noch nicht als reguläres, gebührenpflichtiges Fernsehen. Aber Achtung:

„Diese Voraussetzung kann in Zukunft wegfallen, wenn das live gestreamte Programmangebot, welches ohne Abonnement empfangen werden kann, qualitativ und quantitativ zunimmt und dem heutigen terrestrischen Programmangebot (Empfang via Antenne) entspricht.“

Ist nun endlich alles klar?

für daz ôre

12. April 2005 | Tim Springer

Meine Leidenschaft für Hörbücher habe ich ja schon an anderer Stelle gestanden. Wer sich schon etwas satt gehört hat und denkt, es gebe diesbezüglich nichts Neues mehr unter der Sonne, dem sei die CD „âventiure für daz ôre“ empfohlen. Nein, das ist schon richtig geschrieben – höchstens das „für“ könnte man auch als „vür“ schreiben, aber dann wird der Titel noch schlechter lesbar.

Das „Abenteuer für das Ohr“ ist eine Reise ins Mittelhochdeutsch. Neun Studentinnen der Uni Zürich haben unter Prof. Hildegard E. Keller den ersten deutschsprachigen Artusroman „Erec“ des Harmann von Aue aufgenommen. Mehr Informationen dazu gibt es hier.

Dabei stellt sich natürlich dieselbe Frage wie beim Latein: Wissen wir eigentlich, wie damals gesprochen wurde? Nein, schreibt Hildegard Keller im Unijournal 02/2005, das wissen wir nicht wirklich, weil es weder Zeitzeugen noch Tonaufnahmen gibt. Aber man kann es einigermassen rekonstruieren, wenn man davon ausgeht, dass im Mittelalter mehr oder weniger phonetisch geschrieben wurde und für die Nuancen die unterschiedlichen Schreibweisen der einzelnen Manuskripte zu Rate zieht. Ausserdem ist das Mittelhochdeutsch relativ eng verwandt mit den schweizerdeutschen Dialekten – da wird unsere oft geschmähte Sprache plötzlich zum Standortvorteil.

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11. April 2005 | Tim Springer

La Fille du Limmatquai spricht ein grosses Wort gelassen aus: Das Übertiteln von Weblog-Beiträgen ist wirklich etwas vom Schwierigsten. Ich ermuntere mich immer: „Sei spontan!“. Meistens bleibt das betreffende Feld dann leer, beim Speichern des Beitrags mault das Blog, und ich gebe mich in der Eile mit etwas Halb-Originellem zufrieden. Eigentlich hätte ich ja viel lieber diese megaintellektuellen Titel, die man (bestenfalls) erst dann versteht, wenn man den ganzen Beitrag gelesen hat. Aber ich bin ja nicht die FAZ, oder?

Alles hat seine Zeit

11. April 2005 | Tim Springer

„Nach ca. 4 Jahren rumgeblogge beginnt die halbjährliche Wiederholung von Themen zu nerven – ob nu Blogs das nächste große Ding sind, oder target _blank nun eingesetzt werden sollte oder nicht – es gähnt mich an. […] Ich habe mittlerweile anderes zu tun. Viel hat mit ‚Leben‘ zu tun.“

Ein starker Abgang bei www.metamorphine.de. Kein Vergleich mit dem mehr oder minder sanften Abebben, Auspendeln, Verlöschen und Versanden der meisten Blogs.

Dann wollen wir hier mal einen Vorsatz fassen: So lange mir dieses Blog Anregung und Horizonterweiterung ist, so lange es mein Interesse für neue Themen wach hält, meinen Denkapparat in Bewegung versetzt und vertiefende Recherchen anregt, so lange es ein Ort der argumentatorischen und sprachlichen Fingerübungen ist – so lange wird es „Weitblick“ geben. Sollte sich hingegegen irgendwann der Verdacht erhärten, dass ich mit meinem Bloggen lediglich beweisen will, dass ich länger durchhalte als der Durchschnitts-Blogger, dann wird es Zeit, obigem Beispiel zu folgen. Denn Zeilenschinden muss nicht sein – besonders wenn man dafür nicht bezahlt wird.

(via MonoBlog)