Die Wikipediaisierung von Meyers Lexikon

Auch wenn Vorbehalte in gewissen Fällen berechtigt sind: Die Wikipedia ist innert kürzester Zeit zu einer ernsthaften Konkurrenz für die etablierten Lexika geworden. Die Reaktion der Verlage ist unterschiedlich: Während der Brockhaus auf seine Reputation vertraut und gute Information gegen gutes Geld verkauft, nimmt sich Meyers Großes Taschenlexikon in 24 Bänden die Wikipedia zum Vorbild: Die Artikel sind online frei verfügbar, und wer sich (kostenlos) registriert, kann zudem neue Artikel zur Aufnahme in das Lexikon vorschlagen und bestehende Artikel kommentieren. Die Finanzierung soll offenbar durch Google-AdSense-Anzeigen erfolgen. Das Modell ist ein interessanter Kompromiss zwischen dem JeKaMi der Wikipedia und der klassischen Informationshoheit der Lexikon-Redakteure. Wobei man wissen muss, dass Meyers Lexikon genau wie der Brockhaus zum Bibliographischen Institut & F. A. Brockhaus AG gehört und dieser Verlag somit mit seinen zwei Marken eine Doppelstrategie fährt.

Freie Zeitungsarchive als Überlebensfrage?

In der hiesigen Medienlandschaft gilt der Grundsatz, dass Informationen das zentrale Kapital einer Zeitung darstellen und dass man sie deshalb nicht verschenken darf. Entsprechend sind die meisten Online-Zeitungsarchive der Schweiz nur gegen Bezahlung zugänglich.

Der Medienspiegel bringt nun einen interessanten Aspekt in diese Diskussion ein: Wenn Zeitungsarchive kostenpflichtig und deshalb passwortgeschützt sind, können sie von Google & Co. nicht indiziert werden. Dies führt dazu, dass diese Artikel bei einer Web-Suche nicht gefunden und deshalb auch immer seltener zitiert werden. Auf diese Weise werden die einstigen Leitmedien diese Rolle zunehmend an frei verfügbare Online-Informationsdienste abtreten müssen, was langfristig wesentlich dramatischere Konsequenzen haben könnte als ein offenes Online-Archiv.