Open Source Software für die persönliche Finanzbuchhaltung – ein Überblick

Microsoft Money99 Screenshot

Dieser Artikel gibt einen Überblick über freie Buchhaltungs-Software für Privatpersonen. Er entstand bei der Suche nach einem Nachfolger für Microsoft Money 99, das unter Windows 7 nicht mehr läuft und das von Microsoft auch nicht mehr weiterentwickelt wird. (Soviel zum Thema Investitionssicherheit von kommerzieller Closed Source Software.)

Um überhaupt in die engere Auswahl zu kommen muss ein Programm folgende Basiskriterien erfüllen:

  • Es werden nur Desktop-Applikationen berücksichtigt, d.h. die Software muss offline laufen und die Daten lokal speichern. Dies schliesst Web-Applikationen wie z.B. Badger Finance, MyPhpMoney oder PBooks aus, sofern man nicht einen lokalen Web-Server betreiben will. Zudem muss das Programm für Windows verfügbar sein und unter Windows 7 laufen, was etwa auf die beiden KDE-Applikationen Skrooge und KMyMoney nicht zutrifft.
  • Wir reden hier von Buchhaltungs-Software – nicht von E-Banking-Programmen. Es geht also nicht darum, Zahlungsaufträge zu erstellen und digital an ein Finanzinstitut zu übermitteln. Wenn ein Programm dies zusätzlich bietet, dann ist dies natürlich kein Nachteil, aber man muss realistisch sein: E-Banking ist eine komplexe Sache, ja nach Land und Finanzinstitut gelten andere Standards, und auch die Sicherheitsfrage stellt sich ganz anders, sobald man Finanztransaktionen nicht nur verbucht, sondern auslöst.
  • ERP-Systeme, welche weit mehr als nur Finanzbuchhaltung ermöglichen, sind für den Privatgebrauch viel zu umfangreich und finden deshalb keine Erwähnung (z.B. SQL-Ledger, LedgerSMB, Compiere, Openbravo, ADempiere, OpenERP). Dasselbe gilt für Applikationen für Selbständigerwerbende und kleine Dienstleistungsunternehmen, welche ihren Fokus auf Budgetierung, Offerterstellung, Stundenerfassung und Rechnungsstellung haben (z.B. BambooInvoice, Kimai, eHour).

Ein weiterer entscheidender Punkt ist das Buchhaltungsprinzip. “Doppelt oder einfach?” ist hier die Frage, und obwohl es natürlich gute Gründe für eine doppelte Buchhaltung gibt, bin ich bei meinen persönlichen Finanzen sehr pragmatisch. Aus diesem Grund habe ich das vielleicht populärste Open-Source-Buchhaltungsprogramm GnuCash nicht weiter angeschaut. Dasselbe gilt für TurboCash, das mit seinem beeindruckenden Leistungsumfang ganz generell nicht auf die Buchhaltung eines Privathaushalts ausgerichtet ist.

Im übrigen umfasst die Liste mit meinen Anforderungen folgende Punkte:

  • Verwaltung von mehreren Konten mit unterschiedlichen Währungen
  • Verwaltung von Bankkonten, Kreditkarten und Aktiendepots
  • frei definierbare Kategorien mit Unterkategorien für Einnahmen und Ausgaben
  • effiziente Eingabe von Transaktionen (z.B. wiederkehrende Einnahmen/Ausgaben, Autocomplete-Funktion, Kopierfunktion)
  • Umbuchen zwischen zwei Konten
  • Split-Buchungen (individuelle Kategorienzuweisung für Teilbeträge)
  • Abstimmungsfunktion (engl. Validation, Account Reconciliation)
  • Berichte (tabellarisch und grafisch) pro Konto, pro Kategorie, pro Empfänger
  • Such- und Filterfunktionen für Transaktionen
  • Import und Export von Standard-Dateiformaten (QIF, CSV, XML)

Auf meine persönliche Short List haben es letztlich drei Programme geschafft: HomeBank, Grisbi und Money Manager Ex. Nach je einem halbstündigen Testlauf ergibt sich dabei folgender Eindruck:

HomeBank Screenshot

HomeBank ist eine übersichtliche Lösung mit einer ansprechenden Oberfläche (basiert auf GTK+). Positiv vermerkt habe ich die umfangreichen Berichtsfunktionen (inkl. Grafiken), die detaillierten Filtermöglichkeiten sowie die frei definierbaren Kategorien. Negativ aufgefallen ist mir insbesondere, dass die Applikation offenbar keine unterschiedlichen Währungen unterstützt und dass es auch keine speziellen Kontotypen für Kreditkarten und Aktiendepots gibt. Split-Buchungen werden nicht unterstützt, aber hier kann man sich zur Not mit mehreren Einzelbuchungen behelfen. Auch der zentrale Dialog zur Erfassung von Transaktionen ist etwas lieblos gestaltet, wenn man von der Möglichkeit absieht, wiederkehrenden Zahlungen aus Vorlagen einzufügen. Herausragend ist dafür der Import-Assistent, mit dem ich eine umfangreiche QIF-Datei sehr schnell und einigermassen intakt importieren konnte.

Grisbi Screenshot

Grisbi (franz. für “Kohle”, “Moos”) spielt von der Funktionalität her in einer ähnlichen Liga wie HomeBank. Im Gegensatz zu letzterer kann Grisbi auch mit unterschiedlichen Währungen umgehen. Dafür ist die Benutzeroberfläche bezüglich Benutzerfreundlichkeit und Ästhetik gewöhnungsbedürftig, und in der Windows-Version hakelt es da und dort. Die Berichtsfunktion wirkt potent, dafür habe ich keine Möglichkeit gefunden, um schnell die Transaktionen zu durchsuchen. Der Import der QIF-Datei klappt ebenfalls zufriedenstellend. Insgesamt ist Grisbi eigentlich gut ausgestattet, aber durch seine wenig geschliffene Benutzeroberfläche wirkt es leider nicht sehr vertrauenerweckend und entspricht dem alten Klischee von Open Source Software.

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Money Manager Ex schliesslich fühlt sich am meisten wie eine Windows-Software an (obwohl es die Software auch für Mac OS X und Linux gibt). Die Baumstruktur am linken Fensterrand ist vielleicht etwas technisch, dafür sehr gut strukturiert und intuitiv verständlich. Bei den Konten wird sehr klar zwischen Bankkonten (wozu auch Kreditkarten gerechnet werden) und Werkpapierdepots unterschieden; zudem können Vermögenswerte wie z.B. eine Immobile oder ein Auto als spezieller Datentyp erfasst werden, was für ein ganzheitliches Bild der Vermögenslage sicher wertvoll ist. Der Dialog für die Erfassung von Transaktionen ist aufgeräumt; weil man Empfänger und Kategorien nicht einfach eintippen kann, sondern in einem Dialog auswählen muss, greift man allerdings überdurchschnittlich oft zur Maus, was das Arbeitstempo reduziert. Die Möglichkeiten, eigene Berichte zu erstellen, scheinen mir beschränkt – dafür bietet Money Manager Ex von Haus aus eine gute Auswahl an vordefinierten Berichten, die man sehr schnell aufrufen kann. Negativ sind mir vor allem zwei Dinge aufgefallen: Erstens ist das Programm leicht träge, weil es die Daten nicht in einer XML-Datei, sondern in einer SQLite-Datenbank speichert. Und zweitens meldete Money Manager Ex beim Versuch, mein QIF-Datei zu importieren, hunderte von fehlerhaften Zeilen, so dass an eine Datenübernahme aus Money nicht zu denken ist. (Ob das nun ein Problem von Money Manager Ex oder von Microsoft Money ist, bleibe dahingestellt; der Vollständigkeit halber ist zudem zu ergänzen, der Import bei einem früheren Test funktioniert hatte.)

9 Gedanken zu „Open Source Software für die persönliche Finanzbuchhaltung – ein Überblick“

  1. Hallo,
    ich nutze privat das kostenlose Haushaltsbuch MyMicroBalance (www.mymicrobalance.com) und bin sehr zufrieden damit.
    Hier einige Funktionen, die das Programm bietet:
    – es können beliebige Kategorien und Unterkategorien angelegt werden (+ Farbkennzeichnung)
    – Export von Standard-Dateiformaten (CSV)
    – ausführliche Report-Funktionen
    – es werden mehrere Konten unterstützt
    – Kennwortschutz
    – übersichtliche Oberfläche
    – uvm…

  2. Ich denke nicht, dass es in diesem Fall ein allgemeingültiges Fazit gibt. Mir persönlich gefällt Money Manager Ex am besten; die Datenerfassung geht allerdings nicht ganz so flott, wie ich mir das wünsche (weil man eben für Empfänger und Kategorie kein Freitextfeld hat), und die Probleme beim Import der Money-Daten sind in meiner persönlichen Situation ein massiver Nachteil. HomeBank ist eine Einsteigerlösung – für eine simple Haushaltsbuchhaltung reicht es, aber irgendwann stösst man an Grenzen (Stichworte: Fremdwährungen, Kreditkarten, Aktien). Grisbi hat mich persönlich am wenigsten überzeugt – die Funktionalität ist zwar vorhanden, aber es macht einfach keine Freude, mit dem Programm zu arbeiten.

  3. Hi! Ich nutze unter Linux Moneyplex. Zwar Closed Source, dafür aber mit Kontenableich via HBCI, Kategorien und was man sonst so braucht, um seine Finanzen im Griff zu haben.

  4. Danke für diesen interessanten Überblick. Ich buche seit einem Jahr in eine (freie) Online-Applikation. Diese kann folgendes:
    BEWEGUNGEN [Ausgaben] [Einnahmen] [Rücklagen] Datum Betrag Person Bemerkung;
    PLANUNG/BUDGET Datum Wiederholung (keine monatlich jährlich) Betrag Person Bemerkung;
    AUSWERTUNG (jeweils pro Jahr od. Monat) Haushaltsübersicht Ist-Soll-Vergleich Ausgabenverteilung Einnahmensverteilung, Daten filtern
    pro Personen;
    EINSTELLUNGEN Personen Kategorien (Konten nach Einnahmen, Fixe Ausgaben, Variable Ausgaben, Rücklagen) Anfangswerte Profil;

    Dies ist nicht viel, war aber bei einer Recherche vor einem Jahr das einzige, was einen Haushalt (getrennt nach Personen) für mich übersichtlich darstellte. Ich habe damals (und jetzt wieder) auch korAccount3, Personal Finances Free, EuroKass, 10-Sek-Haushaltsbuch, u.a. getestet. Die hier angegebene Software fand ich damals nicht. Zum Jahreswechsel möchte ich auf ein lokales Programm umsteigen (wegen Privacy und Datensicherung).
    HomeBank gefällt mir sehr gut und in v4.3 ist nunmehr bei den Konten (Institut, Bargeld, Aktiva, Kreditkarte, Passiva) wohl eine Erweiterung passiert. Aktien u. auch Fremdwährungen fehlen leider noch immer.
    Money Manager Ex hat sicher mehr Möglichkeiten. Die Oberfläche ist aber etwas gewöhnungsbedürftiger.
    Die Möglichkeit Personen (in einem Haushalt einzustellen) und die Konten zuzuordnen, bzw. danach zu filtern, hat leider keines der beiden Programme. Ich werde noch etwas testen und mich dann wohl für eines dieser beiden Programme entscheiden.

  5. Super, DANKE für die Infos. Money Maker EX hat sich weiter entwickelt auch im QIF Umfeld. Werde mir das Ding als Money 2000 User mal zur Brust führen, möchte wirklich abschied nehmen von meinem Money!
    Hat jemand noch etwas neuere Erfahrungen sammeln können?

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