Monatsarchiv für Januar 2005

Für den Fall der Fälle

Sonntag, den 30. Januar 2005

Wer glaubt, dass Surfen Privatsache sei und niemand wisse, was man dabei so treibt, der hat nicht begriffen, wie das Internet funktioniert und was das Schweizer Recht zu diesem Thema sagt. Lapidar heisst es dazu im Tages-Anzeiger vom 20.1.2005:

“Seit dem 1. April 2004 sind sie [die Internetprovider] von Gesetz wegen verpflichtet, so genannte ‘Randdaten’ zu speichern. Sie archivieren, wann von welcher IP-Adresse an welche IP-Adresse Daten geschickt wurden. […] Die Daten sind mindestens sechs Monate aufzubewahren und im Falle einer Strafverfolgung zugänglich zu machen.”

Interessant, dass sich allenthalben Widerstand gegen eine flächendeckende DNA-Datenbank regt, mit der man Gewaltverbrecher rasch überführen könnte – und dass man im Bereich der Informationstechnologie eine flächendeckende Überwachung auf Vorrat einfach so hinnimmt.

Die Sprecherin von Bluewin stellt immerhin klar, dass nur die IP-Verbindungen, nicht aber die konkreten Inhalte z.B. von E-Mails gespeichert würden. Wobei im gleichen Artikel der Sprecher des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten zugeben muss, dass noch kein einziges Mal kontrolliert wurde, ob sich die Provider auch daran halten…

Abgehört

Sonntag, den 30. Januar 2005

Nicht mehr ganz frisch, aber nach wie vor aktuell: Der Artikel im FACTS über Wardrivers. Wer anschliessend mehr direkt ab Quelle erfahren will, schaut bei www.wardriving.ch vorbei. Dort kann man beispielsweise eine Karte mit den ungeschützte WLAN Access Points in den Städten Zürich, Basel, Luzern, Winterthur oder Baden herunterladen – und darüber erschrecken, dass mehr als die Hälfte aller WLAN-Besitzer nicht einmal die WEP-Verschlüsselung einschalten (wobei auch diese nicht absolut zuverlässig gegen Einbrüche schützt). Noch ein bisschen krasser sieht es in der Ostschweiz aus, wo Wardrivers über 80 Prozent der WLAN Access Points ohne WEP angetroffen haben. Höchste Zeit also für die 10 Sicherheitsmassnahmen für WLANs!

10 Sicherheitsmassnahmen für WLANs

Sonntag, den 30. Januar 2005
  1. WLANs nur dort einsetzen, wo keine Kabelverbindungen möglich sind.
  2. WLAN Access Point ausschalten, wenn er nicht gebraucht wird.
  3. WEP-Verschlüsselung einschalten und möglichst starke Verschlüsselung wählen (128 Bit).
  4. WEP-Schlüssel regelmässig ändern und dabei die allgemeinen Regeln für Passwörter beachten.
  5. MAC-Filter einsetzen, um den Zugriff auf den WLAN Access Point auf die eigenen Rechner zu beschränken.
  6. SSID (Name des WLANs) soll keine Rückschlüsse auf den Standort oder den Besitzer erlauben.
  7. SSID Broadcasting deaktivieren, damit das WLAN nicht öffentlich sichtbar ist.
  8. WLAN Access Point mit einer Firewall gegenüber dem LAN abschotten und alle Rechner im LAN mit den üblichen Massnahmen absichern (Logins mit Passwortschutz).
  9. Status/Log des WLAN Access Point regelmässig auswerten, um Einbrüche festzustellen.
  10. Nie der Illusion verfallen, das WLAN sei sicher oder gar unsichtbar.

Die Verführung der Macht

Sonntag, den 30. Januar 2005

Die SonntagsZeitung bringt heute einen lesenswerten Artikel über die Machtdemonstrationen von Steve Jobs bzw. seinen Anwälten: Apple Computer geht in jüngster Zeit immer wieder hart gegen Personen vor, denen sie Verrat von Geschäftsgeheimnissen oder Verletzung des Copyrights vorwerfen. Veröffentlicht beispielsweise ein Student einige Tage vor der Keynote von Steve Jobs Gerüchte über einen neuen Mac, dann ist das in den Augen von Apple ein einklagbarer Straftatbestand, zumal die Gerüchte stimmten und auf firmeninternen Quellen beruhten.

Es macht ein bisschen den Eindruck, dass Apple unter dem Eindruck eines alten Traumas überreagiert. Bekanntlich hat Microsoft für Windows kräftig beim Mac OS abgekupfert, und weil Apple einen nicht ganz so cleveren Vertrag mit Microsoft geschlossen hatte, konnte Microsoft dafür gerichtlich auch nicht belangt werden. Unter dem Eindruck eines ständig abbröckelnden Marktanteils kann man da natürlich schon ein bisschen empfindlich werden. Trotzdem ist es fatal, wenn ausgerechnet diejenige Firma, die keine Kunden, sondern nur Fans hat, derart rabiat gegen diese Fans vorgeht. Seien es Vorabinformationen über einen neuen Mac mini oder das Zitat einer Apple-Anzeige: Letztlich sind solche “Gesetzesverstösse” doch primär eine Referenz an Apple und zugleich ein Multiplikator der eigenen Marketingaktivitäten.

Der einstige Hippie Steve Jobs, der nach wie vor jede Keynote in Bluejeans bestreitet, erscheint somit als ein weiteres Beispiel für die Binsenwahrheit, dass Macht korrumpiert. Eine Berliner Studentin, die ebenfalls mit Apples Rechtsabteilung Bekanntschaft machte, schrieb in einem Offenen Brief sehr treffend:

“Mensch, Steve, früher warst du doch ein Pirat, und jetzt benimmst du dich wie die Navy.”

foss.ch

Sonntag, den 30. Januar 2005

Eine paar Adressen für Leute, die sich für Free & Open Source Software speziell in der Schweiz interessieren:

Die Rüstungsspirale im Marketing

Sonntag, den 30. Januar 2005

Das Vokabular im Marketing wird immer kriegerischer: Nach Viral Marketing und Guerilla Marketing kommt nun das Stealth Marketing. Hinter all diesen Konzepten steckt dasselbe Problem: Konventionelle Marketing-Methoden erzielen nicht (mehr) die erhoffte Wirkung bei den Konsumenten, weil diese von Werbung überflutet werden und ihr auch kritisch gegenüberstehen. Selbst die Medien sind nicht mehr uneingeschränkt vertrauenswürdig, seit es Dauerwerbesendungen, Sponsoring, Product Placement und Publireportagen gibt. Konsumenten verlassen sich lieber auf Empfehlungen von anderen Konsumenten, was im Zeitalter des Internets nicht nur Mund-zu-Mund, sondern auch über Opinion-Portale wie Ciao oder DooYoo funktioniert.

Vor diese Herausforderungen gestellt haben die Marketing-Strategen eine effektive, aber auch zynische Antwort gefunden: Wenn die Konsumenten unserer Werbung nicht mehr glauben, sondern nur noch anderen Konsumenten, dann bezahlen wir doch einfach Konsumenten dafür, dass sie für uns Werbung machen – und zwar ohne dass sie dies offen zugeben. Marqui und BzzAgent sind zwei Beispiele dafür (mehr dazu bei Markus Breuer).

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Wienux – kein Jux!

Dienstag, den 25. Januar 2005

“Wien ist anders” – so der Claim der Donaumetropole. Anders ist Wien auch bezüglich seiner Software-Strategie in der Stadtverwaltung: Ein Teil der Mitarbeiter hat ab diesem Jahr die Wahl, auf ihren Rechnern statt Windows eine spezielle Linux-Distribution (auf Basis von Debian und KDE) namens Wienux zu nutzen (Details bei Heise). Der Magistrat der Stadt Wien reicht nun noch eine 70seitigen Studie (PDF) nach, welche detailliert beschreibt, warum und wie Wien den Schritt in die Open-Source-Welt getan hat. Welcome to the Club!

Liebeskummer

Samstag, den 22. Januar 2005

Ich hätte darauf gewettet (so denn jemand da gewesen wäre, um dagegen zu wetten), und ich wurde nicht enttäuscht: So wie im Zürcher Magazin mit Bern bzw. den Bernern abgerechnet wird (“Die Berner Krankheit”) – das konnte in der Berner Gazette nicht unkommentiert bleiben (“Bern-Bashing”).

Da gesteht Guido Mingels also ein, dass seine langjährige Liebe zur Stadt Bern und ihren Bewohnern im Rückblick ein Irrtum gewesen sei. Die Berner seien “verliebt in ihre eigenen Klischees”, und diese würden bestimmt durch die historische Altstadt, die alternativ-kleinbürgerlichen Menschen, die charmante Sprache und die alles durchdringende Melancholie. Dabei hätte Bern das Potential zu viel mehr:

“Wenn Bern sich von seiner Krankheit lösen würde, könnte alles anders sein. So wie Basel die Hauptstadt der Industrie und Zürich die Hauptstadt des Geldes ist, so könnte Bern die Hauptstadt der Ideen sein: ein einziger grosser Thinktank, ein intellektuelles Laboratorium, das Berkeley der Alpen.”

Es ist verständlich, dass der Artikel den Bernern nicht gefällt. Aber er ist verdammt gut geschrieben und ausgesprochen überzeugend. Wobei an der Stelle von “Bern” genau so gut auch “Winterthur” hätte stehen können – oder der Name einer anderen mittelgrossen Schweizer Stadt.

Aoccdrnig to rscheearch

Freitag, den 21. Januar 2005

“Aoccdrnig to rscheearch at an Elingsh uinervtisy, it deosn’t mttaer in waht oredr the ltteers in a wrod are, the olny iprmoetnt tihng is taht frist and lsat ltteer is at the rghit pclae. The rset can be a toatl mses and you can sitll raed it wouthit a porbelm. Tihs is bcuseae we do not raed ervey lteter by it slef but the wrod as a wlohe.”

Konkurrenz für Linux

Freitag, den 21. Januar 2005

Das wird spannend: Sun will noch diesen Monat ihr Betriebssystem Solaris als Open Source Software freigeben und nur noch mit Support Geld verdienen – also so, wie das bei Linux auch funktioniert. Und gegen Linux ist diese Offensive auch gerichtet. Man sei, so Jonathan Schwartz, nur noch auf der Suche nach der optimalen Lizenz (davon gibt es ja bekanntlich eine ganze Reihe). Mehr bei vnunet.com.